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Noch immer versuchen Männer mit psychischen Problemen zu oft, sich selbst zu „therapieren“, statt sich professionelle Hilfe zu suchen oder etwa in einer Männergruppe Unterstützung zu finden. Im schlimmsten Fall greifen sie zu Alkohol, Drogen oder Sport bis zum Umfallen, um ihrem Problem zu entfliehen. Manche versuchen ein Problem auch zu lösen, indem sie sich in die Arbeit flüchten. Leider sind solche Bewältigungsstrategien meistens nicht sehr erfolgreich. Sie bergen vielmehr die Gefahr, noch tiefer in das Problem hineinzurutschen. Ob und wieweit dir eine Männergruppe bei psychischen Problemen helfen kann, damit befasst sich dieser Beitrag.
Welche psychischen Probleme bei Männern gibt es?
Erwiesenermaßen leiden viele homosexuelle Männer aufgrund ihrer Lebenssituation unter psychischen Problemen. Ursachen für psychische Probleme bei schwulen Männern können beispielsweise sexuelle Konflikte (z. B. Ablehnung der eigenen Homosexualität oder Probleme mit dem Coming-out), Gewaltproblematiken innerhalb und außerhalb von Beziehungen (als Opfer oder auch Täter), Diskriminierungs- und Mobbing-Erfahrungen aufgrund der eigenen sexuellen Orientierung (z. B. Homophobie am Arbeitsplatz) oder auch Partnerschaftsprobleme sein. Aber auch eine HIV-Infektion oder Einsamkeit im Alter können zu psychischen Problemen bei Männern führen, beispielsweise zu Depressionen, sozialen Ängsten oder Zwangsstörungen.
Die Symptome bei psychischen Problemen können ganz unterschiedlich sein. Manche Männer zeigen eine bisher nicht übliche Reizbarkeit, andere fallen durch Ärger-Attacken auf und wieder andere fallen durch ein plötzlich erhöhtes Risikoverhalten auf. Die Belastung, der Männer mit psychischen Problemen ausgesetzt sind, zeigt sich auch an der Statistik für Todesursachen, die jährlich herausgegeben wird. Im Jahr 2023 sterben bundesweit circa 10.300 Menschen durch Suizid, wobei der Männeranteil drei Viertel beträgt. Bei einem Großteil davon werden psychische Erkrankungen als Ursache des Suizids vermutet.
Leider haben viele Männer noch immer Vorbehalte gegenüber einer professionellen Beratung oder einer Psychotherapie. Denn beim Thema Seelenleben herrschen auch heute noch eigentlich schon längst überholte Geschlechterrollen vor: Männer sind harte Kerle, die sich keine Schwäche leisten und ausschließlich auf Basis ihres Verstandes handeln. Zeigen Männer ihre gefühlvolle Seite, sind traurig oder weinen, erhalten sie schnell den Stempel „unmännlich“. Psychische Erkrankungen, etwa Depressionen, passen nicht ins ach so männliche Weltbild, gelten sie doch als Zeichen von Schwäche.
Männergruppe als niedrigschwelliges Angebot
Wer als schwuler Mann psychische Probleme hat, dem fällt es in der Regel also schwer, sich an einen Psychologen zu wenden, weil er so seine Schwächen preisgeben müsste. Außerdem muss man einen Termin in einer Praxis machen, die Krankenkasse wäre involviert und im Wartezimmer würde man auf Fremde treffen. Aus diesen Gründen wird der Gang zum Psychologen als eine Art äußeres Outing hinsichtlich der eigenen Schwächen wahrgenommen.
Sitzen sie dann beim Psychologen, neigen viele Männer dazu, als allererstes physische Symptome in den „Therapiering“ zu werfen und so vom eigentlichen Problem abzulenken. Es gibt zwar inzwischen eine immer größere gesellschaftliche Akzeptanz psychotherapeutischer Hilfsangebote, aber es braucht ein niedrigschwelligeres Angebot, das weniger beängstigend wirkt. Aus diesem Grund sind bundesweit Männergruppen für nahezu jedes psychische Problem entstanden.
Eine als Selbsthilfegruppe konzipierte Männergruppe ist solch ein niedrigschwelliges Angebot. In München bietet beispielsweise das Schwule Kommunikations- und Kulturzentrum Sub e. V. im Bereich Selbsthilfe Männergruppen für die Problemfelder Schwule 40+, Chemsex, Familie, Alkohol, Depression & Burnout sowie Trans an.
Niedrigschwellig ist eine Männergruppe, weil du in der Regel relativ einfach Zugang erhältst. Die Gruppen veröffentlichen Zeitpunkt und Ort ihrer Treffen und du kannst einfach hingehen und dir anschauen, was dort passiert. Erscheint dir die Gruppe nicht als der richtige Ort, besteht keinerlei Verpflichtung, sie weiterhin zu besuchen.
In einer thematischen Männergruppe, etwa für Männer mit Partnerschaftsproblemen, triffst du auf Leute, die in der gleichen Situation stecken und deshalb verstehen, wie es dir geht. Ziel der Gruppe ist vor allem, für die Gruppenmitglieder einen angstfreien Raum zu schaffen, in dem sie offen über ihre Problematik sprechen können. Durch die Tatsache, dass alle Teilnehmer dieselben oder sehr ähnliche Erfahrungen gemacht haben und sich in unterschiedlichen Stadien der Problembewältigung befinden, ist die Möglichkeit der gegenseitigen Unterstützung gegeben.
Männergruppe als Türöffner zu professioneller Beratung
Eine Männergruppe wird in der Regel von jemandem organisiert und geleitet, der selbst Erfahrung mit psychischen Problemen hat. Aus diesem Grund kann er bei Bedarf sicher mit Informationen dienen, die dir helfen, jemanden für eine professionelle Beratung zu finden, wenn du merkst, dass die Männergruppe zwar hilfreich ist, du aber noch mehr Unterstützung benötigst, um dein psychisches Problem noch besser zu verstehen und zu überwinden. Insofern ist eine Männergruppe sozusagen eine Stufe auf der Treppe zur vollständigen Bewältigung bestehender psychischer Probleme.
Die Mitglieder einer Männergruppe sind aufgrund von eigenen Erfahrungswerten für die jeweilige Problematik sensibilisiert. Das versetzt sie in vielen Fällen in die Lage, deine Situation einigermaßen realistisch zu beurteilen und dir entsprechendes Feedback zu geben. Wenn es notwendig erscheint, werden sie dir sagen, dass es vielleicht sinnvoll wäre, wenn du dich zusätzlich zur Männergruppe an einen Psychologen oder Therapeuten wenden würdest.
Psychische Probleme nicht auf die leichte Schulter nehmen
Hast du dich in den oben genannten Informationen wiedererkannt? Dann nimm mögliche psychische Probleme nicht auf die leichte Schulter. Sie können deinen Alltag zunehmend belasten und kosten dich viel Energie. Nutze die Möglichkeiten, die dir eine Männergruppe bieten kann. Die Gruppe als Ganzes oder auch einzelne Gruppenmitglieder können für dich als eine Art Sicherheitsnetz fungieren, das dich auffängt und trägt.
Sprich in der Gruppe offen über das, was dich belastet, ganz nach dem umgekehrten Sprichwort, dass in diesem Fall Schweigen Silber ist und Reden Gold. Etwas laut auszusprechen, jemanden zu haben, der dir einfach zuhört und dich versteht, kann bereits eine große Erleichterung sein. Tausche dich mit Menschen aus, die in der gleichen oder in einer ähnlichen Situation sind. Das Wissen, mit den eigenen Problemen nicht alleine zu sein, kann dir Mut machen. Lass dich von den kleinen oder großen Erfolgsgeschichten der anderen Gruppenmitglieder motivieren, dich deinen Problemen offensiv zu stellen. Hole dir in deiner Männergruppe Informationen zu weitergehenden Hilfsangeboten, vor allem in Form von Kontaktdaten erfahrener Therapeuten oder Psychologen. Manche deiner Gruppenkollegen waren oder sind vielleicht selbst in therapeutischer Behandlung und kennen Experten, die empfehlenswert sind.
Anlaufstellen in Sachen Männergruppe
Wer als homosexueller Mann psychische Probleme hat, der findet in der Regel in der LGBTQIA+-Community seiner Stadt Ansprechpartner beziehungsweise Kontaktstellen, die ihm Informationen zu passenden Männergruppen geben können. Eine Männergruppe mit der Zielgruppe schwule Männer siedelt sich normalerweise im städtischen queeren Zentrum an, falls ein solches vorhanden ist. In den großen Metropolen gibt manchmal auch Koordinierungsstellen für gleichgeschlechtliche Lebensweisen, in denen vielleicht Flyer zu der einen oder anderen Männergruppe ausgelegt sind.
Für junge Homosexuelle gibt es zudem queere Jugendzentren, in denen sich oft spezielle Männergruppen für Jugendliche oder junge Erwachsene gebildet haben. So findest du Gleichaltrige mit ähnlichen Problemen. Du musst dich also nicht in eine Männergruppe setzen, in der eventuell Leute sitzen, die deutlich älter sind als du. Der Altersunterschied könnte sich negativ auf die Gruppendynamik auswirken und vermutlich würde auch dein Wohlbefinden leiden.
Fazit: Männergruppe kann als erste Anlaufstelle dienen
Wer psychische Probleme hat und sich nicht sofort an einen Psychologen oder Therapeuten wenden möchte, für den kann eine Männergruppe eine erste Anlaufstelle sein. Im Idealfall motivieren die dort gemachten, positiven Erfahrungen dazu, sich mit seinen Schwierigkeiten an einen Experten zu wenden und mit ihm gemeinsam nicht nur die Ursachen zu finden, sondern auch Lösungswege zu erkennen. In der Männergruppe kann man dann, wenn man sie weiterhin besucht, vielleicht andere mit durch seine eigenen Erfahrungen unterstützen.
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