Jeder von euch kennt den CSD, der mittlerweile in fast jeder deutschen Stadt stattfindet. Hast du aber auch schon einmal etwas von der Folsom Street Fair gehört? Diese Open-Air-Veranstaltung findet einmal pro Jahr in San Francisco statt, und zwar immer am letzten Sonntag des Septembers. Dieses Straßenfest richtet sich an die Fetisch- und Lederszene und nicht nur US-Amerikaner sind hier willkommen. Wir verraten dir, was du über das Event wissen musst und warum es sich lohnt, hier teilzunehmen.
Geschichtlicher Rückblick: Das ist die Folsom Street Fair
Geile Menschen, gute Laune und jede Menge Leder – die Folsom Street Fair ist das Highlight für alle, die Leder und Fetisch zu schätzen wissen. Sie ist der Höhepunkt der Leather Pride Week in Kalifornien und findet seit 1984 einmal pro Jahr statt. Bis heute ist die Veranstaltung das größte Event der Lederszene und wird gern auch als der CSD für BDSM-Fans bezeichnet. Seit 2004 gibt es die Folsom Europe in Berlin, die allerdings nicht an die Größe der kalifornischen Straßenparty rankommt.
Die erste Folsom im Jahr 1984 hatte ein umfangreiches Sanierungsprogramm rund um den South of Market als Hintergrund. Man entschied sich seinerzeit das Industrieviertel und das alte Lagerhaus durch Hochhäuser zu ersetzen, um Leben in die Stadt zu bringen. Die damals schon etablierte Ledergemeinde ging aktiv gegen diese Pläne vor.
In den 1980er Jahren wurde Aids zu einer richtiggehenden Epidemie und man bestrafte vor allem die Gay-Community. Bars, Kneipen, Badehäuser und andere Szenelokalitäten wurden geschlossen, es war Zeit dagegen aufzustehen. Aktivisten und Clubs planten ein Straßenfest mit der Absicht, ihre Community zu stärken und Geld für die Aufklärung rund um das Thema Verhütung und Safer Sex zu sammeln. Die Aids-Epidemie führte dazu, dass sich die queere Community zusammenschloss und für Sichtbarkeit sorgte.
Die Folsom Europe als Ableger des amerikanischen Events
Im Jahr 2004 wurde es erstmals auch in Berlin Schöneberg geil auf den Straßen, denn der europäische Klon der Folsom wurde ins Leben gerufen. Es ist europaweit das einzige und wichtigste Straßenfest der Fetisch- und Lederszene. Bürgermeister Klaus Wowereit und der Tourismusverband Berlins zeigten sich begeistert und unterstützten die Straßenveranstaltung. Klaus Wowereit machte sich in der Szene unsterblich, denn er eröffnete 2005 die zweite Straßenparade mit einer Rede.
In den Medien und bei seinen Politikerkollegen sorgte Wowereit für einen Skandal. Dem weltoffenen Bürgermeister wurde sogar geraten, sein Amt abzugeben, denn diese Veranstaltung und seine Rede seien nicht mit der Würde eines Politikers vereinbar. Vorurteile, wohin das Auge reicht, doch die Folsom Europe wurde mit der Idee geschaffen, genau diese abzubauen. Bis heute hat sie sich gehalten und ist für die Fetisch- und Lederszene einmal im Jahr das europäische Highlight.
Was passiert auf der Folsom?
Einer der Hauptkritikpunkte der Folsom-Gegner ist, dass hier BDSM-Aktivitäten auf öffentlicher Straße ausgelebt und präsentiert werden. Wer dort ist, bekommt einen tiefen Einblick in das Leben der Leder- und Fetischszene. Es wird geklammert, es wird gepeitscht und die Zuschauer dürfen live dabei sein. Ziel des Ganzen ist es aber nicht, eine geile Zeit auf der Straße zu haben. Dahinter steckt die Motivation, Menschen BDSM näherzubringen und mit dem Vorurteil aufzuräumen, es wären abartige Sexualpraktiken die geisteskranken Köpfen entspringen.
BDSM ist eine Form der Sexualität, die ebenso ihre Daseinsberechtigung hat wie Vanilla-Sex. Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, mit diversen Lebensmodellen und Sexualitäten leben und lieben BSDM. Genau das wird bei dieser Parade gezeigt und genau das sorgt für Diskussionen. Ein Teil der Besucher empfindet die Veranstaltung als Fenster zu einer neuen Welt und ist neugierig. Der andere Teil echauffiert sich über die Offenheit.
Dein erstes Mal auf der Folsom – die Dos and Don’ts
Auch auf einer weltoffenen Veranstaltung wie der Folsom gibt es Regeln, an die sich jeder Teilnehmer halten sollte. Wenn du das erste Mal in Berlin oder gar in San Francisco dabei bist, möchten wir dir die wichtigsten Dos and Don’ts mitgeben, an die du dich halten solltest.
Das sind die wichtigsten Dos:
- Sei offen und unvoreingenommen: In San Francisco und auch Berlin triffst du auf eine riesige Schar von Kinkstern, einige davon erfahren, andere ebenfalls zum ersten Mal dabei. Sei offen für alles, was dir begegnet. Wenn du bereits Erfahrung hast, stell dich den Fragen der Einsteiger und bleib immer höflich. Die Community möchte gemeinsam Spaß haben und du kannst dazu beitragen.
- Komm ohne Kinder und Tiere: Du wirst in SF gemeinsam mit 400.000 Menschen feiern, der Platz ist begrenzt. Lass (echte) Tiere und deine Kids bitte zu Hause. Diese Veranstaltung ist für Puppies und menschliche Haustiere gemacht. Und letztlich sind die Outfits auch zu schrill und die Szenen zu hart, um sie Kindern zu zeigen. Diese Party ist für Erwachsene gemacht – beherzige das.
- Rechne mit allem: Wenn es dein erster Besuch auf der Folsom ist, rechne mit allem und noch ein bisschen mehr. Du wirst Penisse sehen, du wirst angeschwollene und aufgespritzte Hoden sehen und blutende, ausgepeitschte Rücken. Pornos sind nichts gegen die Bilder, die du auf der Folsom bekommst. Sei neugierig und schau zu, niemand wird dich gegen deinen Willen auspeitschen.
- Frage immer höflich nach: So viel nackte Haut lädt zum Anfassen und Berühren ein. Obwohl die Fans der Folsom offen sind und Sex keine Seltenheit ist, frage vor jeder Berührung um Erlaubnis. Nur weil jemand nackt oder geil angezogen ist, gibt dir das keinen Freibrief, seine geschwollenen Eier auch wirklich zu berühren. Das gilt nicht nur für Geschlechtsteile, sondern auch für Kostüme.
Das sind die wichtigsten Dont´s:
- Schieße keine ungefragten Fotos: Manche Kostüme sind so geil, dass dein Finger schon fast auf dem Abzug der Kamera ist. Bevor du jemanden fotografierst, frage ihn! Ungefragtes Knipsen kann fatale Folgen haben, wenn die Bilder in die falschen Hände gelangen. Ein geiles Pic ist es nicht wert, dass du jemandem die Karriere versaust.
- Auf Selfcare verzichten: Immer wieder sind Rettungskräfte auf der Veranstaltung im Einsatz, weil die Teilnehmer zu wenig trinken, sich nicht gegen die Sonne schützen und dazu Alkohol in Massen konsumieren. Verzichte auf Massen an Drogen und Alkohol und schütze dich selbst. Du möchtest das Event schließlich genießen und nicht von Sanitätern weggetragen werden, oder?
- Lache niemals jemanden aus: Du findest das Outfit eines Partyteilnehmers schrill? Lach ihn nicht aus! Auf der Folsom soll jeder so sein, wie er ist, Vorurteile haben hier keinen Platz. Wenn du nicht in der Lage bist, nackte Frauen und Männer anzuschauen ohne zu lachen, ist dieser Ort nicht für dich geschaffen.
- Mit dem Auto anfahren: Eine der dümmsten Ideen ist es, das SoMa-Viertel in San Francisco mit dem Auto anzusteuern. Du wirst nicht ankommen. Am besten reist du schon einen Tag vorher an, natürlich mit den Öffis. Parkplätze gibt es nicht, bei dieser Riesenveranstaltung bist du auf Füße und Öffis angewiesen.
Fazit: Die Folsom ist ein Muss für alle BDSM-Liebhaber
Du liebst BDSM, Lack und Leder? Fetische sind dein Zuhause? Dann solltest du in Berlin oder sogar in San Francisco mindestens einmal bei der Folsom dabei sein. Dieses Event ist eine Hommage an alle, die es geil, versaut und ein bisschen schmerzhaft mögen. Du triffst auf weltoffene und tolerante Leute, die dich und deinen Fetisch auch dann akzeptieren, wenn sie ihn nicht teilen. Das „Wir-Gefühl“ bei dieser Veranstaltung ist einer der Hauptgründe, warum die meisten Folsom-Gänger jedes Jahr wiederkommen.
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