Schwule und Religion: Wie können Glaube und Sexualität harmonieren?

Schwule und Religion. Symbolbild: Mann mit freiem Oberkörper hat die Augen geschlossen und die Hände zum Gebet gefaltet. Englisch: Gay and religious. Symbolic image: Man with bare upper body, eyes closed and hands folded in prayer.
4 Min. Lesezeit

Religion spielt für viele Männer eine große Rolle. Sie sind in einem religiösen Umfeld aufgewachsen. Der sonntägliche Kirchgang, die Bibelschule, der Konfirmationsunterricht – all solche Erlebnisse prägen und geben in gewisser Weise den Weg in die Zukunft vor. Was passiert aber nun, wenn du einerseits deinen Glauben hast, dich andererseits aber auch zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlst? Schwule und Religion? Das passt doch nicht zusammen, oder? Doch! Du kannst schwul und religiös sein, allerdings hast du es in einigen Fällen schwerer als andere Männer.

Religiöse Einrichtungen und Homosexualität im Einklang möglich?

Viele Menschen aus der LGBTQIA+-Community stellen ihre Religiosität über die eigene Sexualidentität als queere Person. Das löst nicht selten innere Konflikte dahingehend aus, wer sie eigentlich sind und welche Identität sie leben dürfen und sollen. Hinzu kommt, dass streng religiöse Familien „Schwulsein“ eher ablehnen und auch Kirchen, Moscheen und Synagogen noch nicht vollständig offen gegenüber Homosexualität eingestellt sind.

Warum ist das so? Im Christentum, Judentum und im Islam, den abrahamitischen Religionsrichtungen, gilt Sexualität primär als ein Mittel der Fortpflanzung. Liebst du gleichgeschlechtlich, fällt dieser Faktor für dich weg. Du lebst deine Liebe und deine Lust aus anderen Gründen, möchtest du Kinder, gibt es andere Wege.

Die gute Nachricht ist, dass auch religiöse Einrichtungen immer offener werden und Menschen aus der LGBT-Szene Stück für Stück mehr Toleranz und Akzeptanz erfahren. Besonders fortschrittlich zeigen sich die skandinavischen Länder. So werden in der ehemaligen Staatskirche von Schweden mittlerweile schwule und lesbische Paare als Eheleute getraut. Mit Eva Brunne gehört außerdem die erste lesbische Bischöfin seit 2009 der Kirche an. Schweden hat damit ein Zeichen für Vielfalt und Diversität gesetzt, auch im religiösen Kontext.

Schwule und Religion: Betrachtungsweise von Homosexualität ist je nach Religion sehr unterschiedlich

Bis zum 20. Jahrhundert galt Schwulsein als „abscheuliche Sünde“ und wurde in den abrahamitischen Religionen ganz klar abgelehnt. Niemand sprach gleichzeitig über lesbische Sexualität, vor allem Männer rückten in den Fokus von Religionsgemeinschaften. Durch die immer größer werdende Schwulen- und Lesbenbewegung kam es sukzessive zu Neueinschätzungen.

Dass Veränderungen möglich sind, zeigt der Blick auf die Gesellschaft. Wenngleich die Akzeptanz von LGBTQIA+ noch lange nicht „perfekt“ ist, hat sich die Toleranz in vielen europäischen Ländern deutlich verbessert. Dementgegen stehen Länder, in denen Homosexualität noch immer als strafbar gilt. Die Geschichte hat viel Einfluss darauf genommen, denn schon im Jahr 326 entschied Konstantin der Große, gleichgeschlechtliche Liebe unter Männern unter Strafe zu stellen. Er war Anhänger des Christentums.

Theorien gingen soweit, dass gleichgeschlechtliche Liebe und ähnliche „Sünden“, von Gott mit Pest, Hunger und Unwetter gestraft würde. Die Menschen hatten große Angst davor und so setzte sich in den Köpfen ein Bild fest, das über Jahrhunderte festhielt. Auch wenn es in einigen streng-religiösen Ländern und Gemeinden noch immer Menschen gibt, die Erdbeben, Fluten und Tsunamis der „Unzucht“ zuschreiben, öffnen religiöse Einrichtungen ihren Geist immer mehr und zeigen sich offener und toleranter.

Schwule im Christentum – das sagen die Kirchen

Im Christentum sind die Meinungen zu Homosexualität mittlerweile divers. Die Ausgrenzung von „anderslebenden Menschen“ wird meist abgelehnt, jedoch ist die Auslebung der eigenen Homosexualität noch lange nicht überall akzeptiert.

Die römisch-katholische Kirche ist in großen Teilen noch immer der Überzeugung, dass Homosexualität eine Sünde sei und Enthaltsamkeit zwingend nötig. Gleichgeschlechtliche Ehen werden nicht akzeptiert. Immer mehr Anhänger der römisch-katholischen Kirche, so auch die Altkatholiken, treten dem entgegen und kämpfen für mehr Akzeptanz von Schwulen und Religion.

Etwas fortschrittlicher agiert die evangelische Kirche. Wenngleich Sexualität auch hier primär der Kinderzeugung dient, steht sie aber auch für Verantwortung, Fürsorge und Liebe. Diese Eigenschaften sind auch in gleichgeschlechtlichen Verbindungen möglich. Und so ist es in der evangelischen Kirche beispielsweise erlaubt, den Segen an schwule Paare zu geben und homosexuelle Pfarrer einzustellen.

Die Regenbogenkirche unterstützt homosexuelle Menschen 

Mit der Arbeitsgruppe Regenbogenkirche für alle kommt endlich der moderne Zeitgeist in die Kirche. Hier wird das Ziel verfolgt, niemanden aufgrund seines Geschlechts oder aufgrund seiner sexuellen Orientierung vom Glauben auszuschließen. Schwul und Religion? Klar, kein Problem! Immer mehr religiöse Gemeinschaften entstehen und helfen dabei, Glauben und Sexualität miteinander zu vereinen.

Selbst die katholischen Kirchen in Deutschland rücken Stück für Stück von ihrer Strenge ab. Es soll ab 2026 möglich sein, offizielle Segensfeiern für homosexuelle Paare zu veranstalten. Entschieden wurde das im Rahmen der Synodalversammlung im deutschen Frankfurt. Das Ziel ist die Reform der katholischen Kirche, die bislang übrigens nicht nur homosexuelle Menschen ausschloss. Auch für Wiederverheiratete soll es ab 2026 erstmals möglich sein, erneut den Segen der Kirche zu erlangen.

Schwule und Religion – geht das überhaupt?

Du fühlst dich zum gleichen Geschlecht hingezogen, bist schwul und glaubst an Gott? Eine Situation, in der sich weltweit viele Christen, Juden, Muslime und Angehörige anderer Religionsgemeinschaft befinden. Schwule in der Kirche – das geht doch nicht!

LGBT-feindliche Parolen liest und hörst du überall, sie kommen häufig von religiöser Seite. Strenge Gemeinden schließen die gleichgeschlechtliche Liebe noch immer aus und trotzdem bist du nicht allein!

Durch das Internet gibt es heute mehr denn je die Möglichkeit, dich mit anderen Menschen zu vernetzen. Und auch auf Veranstaltungen wie dem Christopher Street Day trauen sich Menschen, für die rechte religiöser Schwuler zu kämpfen. Wir erinnern uns doch alle an den homosexuellen Imam aus Frankreich, der auf dem CSD 2016 seine bewegende Geschichte erzählte.

Glauben ist nichts, was von deiner sexuellen Orientierung abhängt. Auch wenn die religiöse Akzeptanz von Homosexualität nach wie vor rückständig ist, bist du niemandem etwas schuldig! Du darfst glauben und gleichzeitig homosexuell sein!

Nutze Möglichkeiten wie die Vereinigung der Regenbogenkatholiken, um dich mit anderen zu vernetzen. Denn eines ist auch klar: Ausgrenzung und Stigmatisierung fordern ihren Tribut.

Fazit: Schwule und Religion – der große Tabubruch

Machen wir uns nichts vor. So modern und weltoffen ist auch Europa noch nicht, ganz besonders im Hinblick auf die Kirche. Selbst wenn vorne herum für Offenheit eingestanden wird, gibt es noch immer Ablehnung, Angst oder sogar Hass. Das kann Folgen haben, die bis zum Suizid führen können.

Du bist religiös, schwul und stehst vor der Herausforderung deines Lebens? Bleib nicht allein. Suche dir Hilfe, wenn du dich nicht mehr sicher fühlst oder unter einer Identitätskrise leidest. Scham, Schuldbewusstsein und Ablehnung können Menschen zusetzen, sie krank machen. Wende dich an Hilfseinrichtungen und schließe dich mit anderen Schwulen zusammen. Religiös und schwul ist vollkommen okay und du hast das Recht auf deinen Glauben und deine Religion.

 

Hier gehts zu unserem Shop!

Schreibe einen Kommentar

© 2024, Tom Rocket's